Dienstag, 24. März 2020

Tag 5 - Ruhetag

Tag 5
Ruhetag

Immerhin - es wurde Sonntag. Nachts mangels anderer Beschäftigung den seit einiger Zeit angedachten und konzeptionell weit gereiften aber noch inhaltslosen Blog geboren. Bei der Geburt haben einige emails geholfen, die ich seit kurzem wieder wie kleine Aufsätze formuliere: Lust am Wortspielen, am Buchstabenalbern, am Leser-in-die-irre-schicken. Und sich dabei unglaublich amüsieren. Der Spaß ist zurück. Fast so wie … früher. Jetzt hat das Vergnügen, der Spaß, die Freude aber immer den Schatten des letztmaligen  an sich, und wenn’s nur beim Schreiben ist. Denn, so sehr ich mich auch auf die Wirkung beim Leser - auf DICH - konzentriere, letztlich ist das Schreiben der ‘Geschichte’ ein Mittel, die Realität in ihrer ganzen Brutalität, zu verarbeiten, ohne darüber den Verstand zu verlieren.

Soweit also zur Selbsterkenntnis….

Geistig war ich noch in der Blogeuphorie der Nacht, noch lange nicht am Morgen angekommen, als mich meine tatendurstige Gattin schon voll gedressed überrascht: 'Ich geh dann mal ne Runde spazieren, ist doch ok, oder, bei dem schönen Wetter muss man doch einfach raus (oha, der Tag fängt ja schon wieder gut an…) und was meinst du zu dem Vorschlag, den ich dir whatsgeappt (oder so ähnlich) habe? ' Woww, der Beweis: morgens ist sie der Weltmeister im  Überrumpeln und Erschlagen des Gegners ganz ohne Blutvergiessen, aber mit größtmöglicher Zerstörung. Natürlich kenne ich das Spiel, bin aber zu müde um darauf reinzufallen, was immer dann passiert, wenn ich in meinem noch ganz unrund laufenden Hirn einer Diskussion stelle. Denn einen Überschall schnellen Supertanker (gibts eigentlich nicht, steht mir aber in beeindruckender 1,56 Größe gegenüber) mit bloßen Händen stoppen zu wollen, das geht einfach nicht.

Hatte ich auch gar nicht vor, nur aus der Schusslinie zu kommen, das musste sein. Also verwendete ich einen Teil der Abwesenheitszeit zum Studium von …

… Laufbändern! Das war's also was sie sorgfältig vorbereitet und zielführend vorbereitet hatte: in den nächsten Tagen werden die Einschränkungen zunehmen, die Möglichkeiten für einen Workout etwa  in Tentsmuir gleich null, und wir daheim dick und fett werden. Derart übertrieben hat sie natürlich nicht argumentiert, aber die Taktik mit Überraschungsangriff, kleinen Dolchstōssen (unwiderlegbare Aussagen, oft auch Tautologien) und breitem Frontalangriff geht auf - wie halt so üblich - und so kurz nach dem Frühstück hätte mich jeder Sportshop als überragenden Fachmann in Laufbändern verpflichten können. Ich kannte die Unterschiede der Modelle XYZ 40 S und XYZ 40+ und XYZ A 40 ONE (der einzige Unterschied ist die Bezeichnung, der Name selbst) obwohl die ONE den spezifischen ONE dreigeteilten Laufbereich aufweisen, der unterschiedliche Dynamik beim Auftritt, der Ruhephase und dem Abstoss direkt in den Unterschenkel des Athleten hineinprojiziert. Na, kriege ich jetzt den Job, nachdem ich dem Gesülze noch eine Prise inhaltsloser Aufschneidervokabeln beigemengt habe? Siehe da, ich war Feuer und Flamme und wenn dann der Wind die winzigen verbliebenen Überreste als Asche verstreut, dann stellt am Freitag ein Typ mit einem Oberkörper wie ein Dreieck,  einen mannshohen Karton vor der Sun-Lounge Tür auf. Und jetzt erfahren wir, dass es sehr schwer ist, 75 kg gegen die Erdanziehung zu bewegen, wenn die entsprechenden Bizepse nicht dafür trainiert wurden, weshalb wir … nein es gibt keinen Zwangsfolgeroman. Wir sind uns mal wieder einig. 

Wie die Geschichte dann schliesslich ausgegangen sein wird? Bei der Eingangsoffensive hat meine Gattin derart viel Raum gewonnen, dass sie sich auch einmal dem Verlierer gegenüber sehr grosszügig verhalten kann: 'Du bist ja nicht gerade sehr begeistert dabei. Wenn Dir langweilig ist könnten wir doch … !!!!! Nein, bitte keine Hanteln kaufen.

Nein, wir haben keine Hanteln gekauft, noch nicht einmal darüber gesprochen sondern am Nachmittag den Ernstfall trainiert: Angewandte soziale Isolierung. Hat schon ganz gut geklappt. Bei all den körperlichen Anstrengungen dieses Sonntags wunderte es mich nicht im geringsten, dass ich abends innerhalb einer Minute von 100 auf 0 gefahren wurde. Keine Ahnung, was der Anlass dieser Episode war. Mit Eleanor's Hilfe kam ich gerade noch so ins Bett und war sofort weg. Gegen 23:00 bin ich wieder aufgewacht und war nach 5 Minuten putzmunter. Was wohl nicht so ganz stimmt, denn beim nächsten Blick war es 05:41 geworden.

Interessantes Wochenende. Davon werden wir ab bald ganz viele haben. Ob ich dann je wieder so drüber schreiben werde, oder überhaupt darüber schreiben oder überhaupt noch schreiben werde?


Einwurf:
Es gibt ihn noch oder noch immer, den Feigling, der auf Kosten anderer lebt.

Diesmal meine ich spezifische Vertreter einer Spezies, die sich überall vordrängelt, wenn's etwas billig oder gar umsonst gibt. Die aber, Schwanz eingezogen, von ganz hinten auf die Vorderleute zeigt, wenn ein Schuldiger gefunden werden muss. 

Um diesen Typ zu beschreiben habe ich in den Fabeln gesucht, aber egal wo - ich habe ihn nirgendwo  komplett in allen seinen Eigenschaften gefunden: feige, lügnerisch, neidisch, anmaßend. In unserer gerade auseinanderfallenden Welt sind sie aber präsent um abzustauben, dreist zu nehmen, was anderen gehört und um die anscheinende Sicherheit zu suchen, die sie ihrer ganzen Dummheit auf den schottischen Inseln vermuten. 

Leben auf diesen wunderbaren Inseln bietet unglaubliche Landschaften, erfordert aber auch unglaubliche Anstrengungen, ein Tribut an deren Schönheit, Ruhe und Einsamkeit. Manche Inseln besitzen ein Krankenhaus mit einem niedergelassenen Arzt, aber auf vielen ist der Kranke auf Fähre oder Flugzeug angewiesen. Dieses Gesundheitssystem ist ein fragiles Gebilde, gerade so stabil, dass es für die wenigen Inselbewohner eine Grundsicherung zur ärztlichen Versorgung darstellt, darüber hinaus sofort kollabiert. Es zusätzlich zu belasten ist Diebstahl an der Gesundheit und Sicherheit derer, für die es konzipiert ist.



Schlussstrich - die echte Zeitenwende
Jetzt ist es also soweit: Es ist LOCKDOWN.

Wir haben es erwartet, befürchtet dass wir nur dann eine Chance haben bekommen, ein paar zusätzliche Menschen zu retten und den gezielten Aufbau der post-covit Gesellschaft zu gestalten, wenn es uns gelingt ein Chaos beim 'rette sich wer kann' zu vermeiden. 

Wir sind - auch als Familie - weit verstreut: Alles Gute

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